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20.10.2023

Inspiration - Fragmente


 

1.

Freude 

Mein Leben war von Beginn an ein bunter, aufregender Schauplatz. Und ist es auch heute.

So war es, so ist es und so liebe ich es.

Schon immer fühlte ich mich in meinem Leben unabhängig und voller Lebensfreude.

Diesem Gefühl von Vitalität und Freude Raum zu geben, das ist es, was ich mit meiner Malerei will.

Ihm durch die Bewegung des Pinsels und der Farben und manchmal auch der Leinwand Ausdruck zu verleihen, und dadurch etwas entstehen zu lassen, das den Betrachter an dieser Freude und an meinen guten Gefühlen für die Welt und die Menschen teilhaben lässt, das ist wiederum ein großes Glück für mich.

Auf meinen Bildern verhalten sich die Farben wie lebendige Wesen, wie Freunde. Sie schwimmen und laufen, fließen und stehen, schlängeln und sperren sich. Sie können freudig leuchtend, aufregend duftig aber auch kalt, ruhig, tief und ernst sein. Jede von ihnen beansprucht einen eigenen Raum und lebt gleichzeitig vom Zusammenspiel mit den anderen. Dabei stemmen sie sich oft gegeneinander, dann wieder geben sie nach und bilden eine friedliche Harmonie.

2.

Farben

"Die Abstraktion ist oft die eindeutigste Form für das Ungreifbare in mir, das ich in Farbe verdeutlichen kann, (...) Farbe ist eines der großen Bestreben, mit Farbe ein Äquivalent für die Welt zu schaffen - das Leben, wie ich es sehe."

Georgia O'Keeffe  (1887 - 1986)

 

(Quelle Jonathan Stuhlman/Barbara Buhler Lynes: Georgia O'Keeffe. Circling around abstraction West Palm Beach 2007, S. 15 sowie:  Georgia O'Keeffe, Brief an William M. Milliken, New York 1.11.1930

 

Dieses Zusammenspiel der Farben ist genauso reich, vielseitig und komplex wie es die Menschen sind mit denen ich zusammengelebt oder die ich in verschiedenen Ländern kennenlernt habe.

Ich durfte zusammen mit meinem Mann und auch mit meinen Kindern in verschiedenen Kontinenten nicht nur meine Zelte aufschlagen, sondern überall auch sehr unterschiedliche Menschen kennenlernen. Ich erlebte wie sie feierten, trauerten, wie sie arbeiteten, heirateten, ihre Kinder erzogen...

All diese Erlebnisse mit den Menschen, Landschaften, Zivilisationen, klimatischen Bedingungen will ich in meinen Malereien und den Farben festhalten und dabei mit ihnen dem Betrachter Raum für eigene, neue Assoziationen, Empfindungen und Entdeckungen bieten.


Neugierde, die Freude am Leben und an dem Umgang mit Pinseln und Farben und anderen Materialien treiben mich immer weiter durch die Schauplätze dieser Erde - und zur Malerei.

Dabei, und durch den Beruf meines Mannes, einem theoretischen Physiker, durch meine Studien, unsere Familienkonstellation mit drei adoptierten Kindern - die ein ganz große Glück für mich sind - sowie durch die persönlichen Erfahrungen an vielen Orten dieser Welt ließ uns schon in den 1970er Jahren auch vieles von dem in der Welt diskutieren, was heute wohl niemandem mehr verborgen ist: die Ausbeutung und die Zerstörung unserer Erde, der Götze des Geldes und eines falschen Wachstums, die Sehnsucht danach, das Leben so einzurichten, dass es die Natur ehrt... Wir wurden verlacht, als Ökos angesehen… aber damit konnten wir immer leben… Nun all das in meinen Bildern und mit den Farben zu ver- und bearbeiten bedeutet eine stete Suche nach den Farben und ihren Zusammenstellungen, Mischungen, Gegeneinanderstellungen und Überlagerungen, um  auch diese Welt von Veränderung und Zerstörung auszudrücken.

3.

Meine Malerei

Bei einer meiner Ausstellungen sagte die Kuratorin Carolina Pretell, die ich hier mit einem Ausschnitt zitiere, über mich:

„Ihr Malprozess ist entsprechend vielschichtig und lebendig. Die Vorstellung einer Malerin mit Pinsel und Farbpalette in der Hand vor der Staffelei stehend, ist fernab von Dodos Arbeit im Atelier. Bei ihr werden Farben... in Schüsseln angerührt, bis sie die richtige Konsistenz haben, um direkt auf die Malfläche geschüttet zu werden. Dabei bilden sich Farbflüsse, die zuerst strömen und sich später auf der Leinwand sedimentieren. In der Regel findet dieser Vorgang auf einer einzigen Malfläche mehrmals statt. So stecken hinter dem, was wir als „Bild“ betrachten, eigentlich mehrere Bilder. Zwar können wir sie nicht mehr sehen, sie wirken aber immer noch auf uns. Denn das sichtbare Werk kann nur das sein, was es ist aufgrund der verschiedenen Farbschichten bzw. Bildern, die während des Malprozesses entstanden sind und sich wieder transformiert haben.“

 

So wirkt sich alles, was mein Leben ausmacht und ausgemacht hat, letztlich in verschiedenen Schichten auf meine Malerei aus. Nur weil es vergangen ist, ist es nicht keine Realität mehr. Nur weil die Erde sich verändert, ist das, was gestern war, nicht ungeschehen.

Alles von gestern ist Grundlage für das heute.

Alles was gestern gesagt, getan, gedacht wurde bildet das heute, bildet das morgen.

Ist deshalb vielleicht meine Malerei oft im wahrsten Wortsinne so „vielschichtig“?

Versuche ich in meinem ersten Impuls, das Wachstum, das Chaos und die Zerstörung der letzten 60 Jahre auf dieser Erde auf die Leinwand zu bringen, um anschließend durch weitere Schichten, alles zu einem guten Ende und zu einem Bild zu führen?

4.

Werkgruppen

In ihnen behandele ich vieles von dem, was mir wichtig ist im Leben. 

Dazu gehören  meine Familie  oder Menschen und Wesen, Kumpels und Freunde, denen ich in USA oder im Himalaja, hier zu Hause, in den Alpen oder in Brasilien begegnet bin.

Oder die Werkgruppe großen und auch kleinen Landschaften: Landschaften, die sich vor mir ausgebreitet haben und in denen ich mich bewegen durfte. Sie inspirieren mich und machen einen großen Teil meiner Malerei aus. Sie spiegelt in ihren Farblandschaften und Farbräumen tiefe Eindrücke wider, die Reisen und damit verbundene intensive Erlebnisse in mir hinterlassen haben.

Gerade die Bilder dieser Werkgruppe können alle, die sich mit mir auf diese Farberlebnisse einlassen, an ganz persönliche Orte tragen. Frei von Konkretem durch eigene Erinnerungen gleitend, gleichsam schwerelos im Licht und losgelöst von Zeit und Raum, können beim Betrachter immer auch eigene, innere Bilder aufleben.

Bewegung ist eine weitere wichtige Sache in meinem Leben, in vielerlei Hinsicht. Und so ist es der Arbeitstitel von weiteren Arbeiten und so heißt dann auch eine weitere Werkgruppe.

5.

Covid

Es war für mich zunächst eine Beruhigung.

2019 war ich noch viel unterwegs, u.a. in Indien, dann, kurz bevor der Lockdown kam 2020 noch in Brasilien. Unsere Tochter hatte geheiratet und noch so manches mehr war in diesem Jahr geschehen.

Ich war ziemlich außer Atem. Da kam die Ruhe, die Covid mir brachte, ganz recht.

Ich verschwand in meinem Atelier.

Die Ruhe war für mich wunderbar.

Ruhe, Zeit, Raum, sie sind für mich der Ausdruck für echten Luxus. Und das alles hatte ich. Jetzt.

"Covid", "Punk", "die 1980er," das waren in diesen Monaten meine Arbeitstitel.

Noch weiß ich nicht recht, wie sie zustande kamen. Covid, ja. Aber die 1980er? Und Punk? Ich hörte mit Freude Iron Maiden, ließ mir von einem unserer Söhne eine playlist zusammenstellen, kaufte eine Alexa ... und machte mir ein Gegenprogramm zu meinen eigenen 1980er Jahren. Die Jahre, in denen unsere Kinder klein waren, in denen es viel um Kinderlieder, Märchen, Puppen und eine kindgerechte Welt ging in der ich meinen Kindern viele gute Erfahrungen und Erlebnisse - z.B. mit natürlichen Materialien in der Natur - hatte zukommen lassen ...

Jetzt setzte ich dem auf die Leinwand fliegende Farben entgegen, holte "meine" punkigen 80er Jahre nach, alleine mit mir, meinen Farben, der Musik und den Leinwänden. Ich malte Waldbrände, heißen Waldboden, aber auch das Gelbblau , das für mich für 1980er steht....

Und in dieser Phase bin ich noch immer. Ich weiß noch nicht genau: warum blaugelb? Die Farben von Ikea, Aldi, Lidl und Edeka?

Mit Edeka bin ich aufgewachsen, Ikea, Lidl und Aldi kamen für mich in den 1980ern ins Bewusstsein – eine Erscheinung der Expansion, Vorläufer der Globalisierung, von Vermarktung, Convinient, für mich der völlige Gegenentwurf zu dem Bewusstsein von natürlich leben, basic wirtschaften, von Geschäften die Sonnenblume hießen oder Schrot und Korn, Hofladen, Demeter...

6.

Beispiele der Inspiration

Mich inspirieren etwa die farbigen Plastiktüten, die ich in Indien, dann aber auch in Brasilien oder sonst wo in aller Welt gesammelt habe.

Sie, an Wäscheleinen aufgehängt, vom Wind dick aufgebläht, sind für mich die Zeugnisse einer Zeit, in der wir ungezügelt unsere westliche, verbrauchende Lebensweise in die Welt getragen haben.

Welches Recht haben wir, den Menschen auf den anderen Kontinenten dieser Erde den Reichtum und die Unbeschwertheit zu verweigern, die wir selber in den 1970er und 1980er Jahren erlebten?

Das muss aber geschehen, angesichts der Massen an Plastiktüten, die ich im Himalaja an riesigen Bergwänden habe hängen sehen, die benutzt, weggeworfen und dann vom Wind an die Berghänge geweht worden waren, um dort festzuhängen und von Weitem wie ein wunderbares Blumenmeer auszusehen?! So wunderbar – aber doch so trügerisch!

Wir müssen ein anderes Ideal für ein "besseres Leben" kreieren und in die Welt tragen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


 


 


 


 


 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

...das Zusammenspiel meiner Farben ist genauso reich, vielseitig und komplex wie die Menschen der verschiedenen Länder, die ich besucht habe: all das will ich in meinen Bildern festhalten. Dem Betrachter Raum für eigene Assoziationen, Empfindungen und Entdeckungen anbieten…

das boot liegt sicher im hafen, aber dafür ist es nicht gemacht

das mädchen, aus dem etwas hätte werden können, wurde glücklich

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